Orgel

Die Orgel in der

St. Laurentiuskirche Markranstädt

Geschichte

Zunächst ein Blick in die Geschichte und auf den Zustand vor der Restaurierung:

  • 1886 von Richard Kreutzbach, Borna, mit 24 Registern auf 2 Manualen und Pedal errichtet/
  • 1925 Umbau – Fa. Gebr. Jehmlich, Dresden/
  • 1958-63 letzte, dem damaligen Zeitgeist entsprechende Dispositionsänderungen – Fa. Lahmann, Leipzig
Fotos vor der Innensanierung der Kirche und Restaurierung der Orgel

Disposition vor der Restaurierung und Erweiterung:

I. Manual - C-f'''
(pneumatisch)

Bordun 16'
Prinzipal 8'
Viola di Gamba 8'
Rohrflöte 8'
Principal 4'
Gemshorn 4'
Blockflöte 2'
Oktave 2'
Cornett 4fach
Mixtur 4fach
II. Manual - C-f'''
(pneumatisch)

Geigenprinzipal 8'
Salicional 8'
Gedeckt 8'
Principal 4'
Flauto traverso 4'
Larigot 1 1/3'
Terz 1 3/5'
Piccolo 2'
Zimbel 3fach
Pedal - c-d'
(mechanisch)

Posaune 16'
Subbass 16'
Principal 8'
Choralbass 4'

Spielhilfen:

Pedalkoppel vom I. Manual; Manualkoppel II-I; Schweller; Kollektivzüge: Piano-, Mezzoforte- und Fortissimo-Register

Die Kreutzbach-Orgel

Die Kreutzbach-Orgel ersetzte das 1617/18 von Heinrich Compenius d. J. errichtete Instrument, welches sich mit vielen Reparaturen, Umbauten, Ergänzungen etc. über zweieinhalb Jahrhunderte erhielt.

Im Jahr 1881 hatte der Kirchenvorstand einen Antrag an den Stadtgemeinderat Markranstädt gerichtet, dem Antragsteller die Kosten für die Beschaffung einer neuen Orgel vorzuschießen. Dieser wurde zurückgewiesen und so bedurfte es zweier weiterer Anläufe, bevor nach langer Debatte Anfang Oktober 1885 schließlich zugestimmt wurde. Die Realisierung des Vorhabens, so die Auflage, musste aber im Jahr 1886 erfolgen.

Der Kirchenvorstand ging sofort in die Offensive und begann zu erkunden, welche renommierte Orgelbaufirma der näheren Umgebung mit einem möglichst kostengünstigen Bau beauftragt werden und wie das zu erwählende neue Instrument beschaffen sein sollte.
So wurden Orgelbauprospekte und Preislisten der Firmen Ladegast aus Weißenfels, Kreutzbach aus Borna, Hildebrand und Walcker aus Leipzig aber auch zum Beispiel von der Firma Voit (Karlsruhe-Durlach) u. a. beigezogen und studiert, wobei von vornherein ein zweimanualiges Instrument mit Pedal und insgesamt ca. zwei Dutzend Stimmen favorisiert wurde. Auch der Kantor Moritz Eduard Fiedler (Kantor und Organist von 1883 bis 1887) wurde zur Begutachtung verschiedener Orgeln der Umgebung in die Spur geschickt.

Schließlich war er von der Solidität, Sauberkeit und Akkuratesse der Kreutzbachschen Arbeit angetan. Ebenso der technische Stand und die vorzügliche Tonfarbe einzelner Stimmen. Nun, Kreutzbach hatte sozusagen die Nase vorn und letztlich erging der Auftrag für den Orgelneubau auch an ihn.

Die Orgel mit zwei Manualen, Pedal und 24 Stimmen sollte demnach 9.450 Mark kosten. So kam es am 12.05.1886 zum Vertragsabschluss zwischen dem Kirchenvorstand aus Markranstädt und der Orgelbaufirma Kreutzbach aus Borna.

Richard Kreutzbach versah den Vertrag mit der Unterschrift -Urban Kreutzbach- und begründete damit die fortwährende Weiterverbreitung der Aussage, die Orgel wäre von Urban Kreutzbach errichtet worden.

Orgelbaumeister
Urban Kreutzbach
Richard Kreutzbach, der Erbauer unserer Orgel

Der Stadtgemeinderat von Markranstädt hatte zunächst im Oktober 1886 der Gewährung eines Darlehens von 9.000 Mark für den Orgelbau zugestimmt. Im gleichen Monat hatten auch die Kircheninspektion für Markranstädt und Göhrenz und die königliche Amtshauptmannschaft Leipzig der Anschaffung einer neuen Orgel und deren Bezahlung durch die Kreditaufnahme der Kirchengemeinde in Markranstädt zugestimmt. Eine Darlehenssumme von 10.000 Mark wurde im Stadtgemeinderat dann in der Sitzung vom 10.11.1886 genehmigt.

Da man sich doch noch zu einem Orgelgehäuse aus Eichenholz entschloss, kostete die Orgel dann auch fast 10.000 Mark. Nach Maßgabe eines vereinbarten Tilgungsplanes wurde das Darlehen in 17,5 Jahren an die Communalbank des Königreichs Sachsen zurückgezahlt.

Am 30.06.1904 war es soweit. Zu diesem Zeitpunkt war der Erbauer der Orgel, Richard Kreutzbach, bereits verstorben.


Was für ein Instrument war nun diese ca. 6 Tonnen schwere, vom Abnahmegutachter in den höchsten Tönen gelobte, in einem aus Eichenholz im gotischen Stil gefertigten Gehäuse stehende, mit drei doppelten Kastengebläsen versehene pneumatische Orgel, deren majestätische Klangfülle, die durch 24 Register mit insgesamt 1362 Pfeifen, wovon allein 45 tönende Pfeifen in 5 Feldern im Prospekt standen, erzeugt werden konnte, erstmals öffentlich am 31.12.1886 zu hören war?

Sie war ein allen Anforderungen ihrer Entstehungszeit insbesondere dem erreichten technischen Stand im Orgelbauwesen Genüge tuendes Werk. Die beiden Manuale hatten einen Tonumfang von 54, das Pedal von 27 Tasten. Die Orgel, die allerdings noch einen Bälgetreter benötigte, verfügte im I. Manual über zwölf, im II. Manual über acht und im Pedal über vier Register nebst Koppelungen, Kollektiv- und Kombinationspistons.

Dominierend war im Klangbild der 8′ (Fuß) Ton. Allein zehn Register hatten diese Pfeifenlänge, vier Register wiesen 16′ und vier weitere 4′ Länge auf. Die Stimmen des I. Manuals waren weit mensuriert und kräftig intoniert. Die des II. Manuals hatten dem gegenüber eine enge Mensur und waren zart intoniert während die Pedalregister die weiteste Mensur bei voller kräftiger Intonation aufwiesen.

Details der Orgel

die Kreutzbach-Orgel

Pfeifen des Registers -Rohrflöte-

Detail des Orgelgehäuses

Blick in die Pfeifen des II. Manuals

In den Jahren 1899/1900 führte die Firma Kreutzbach im Rahmen der Restaurierung der St. Laurentiuskirche auch eine Orgelrenovation durch, bei der neben Reinigungs- und Stimmarbeiten auch der Orgelprospekt – wie alles Holzwerk in der Kirche – sein neugotisches Aussehen erhielt.


Mitten im ersten Weltkrieg wurden dann die 45 im Prospekt der Orgel stehenden Zinnpfeifen beschlagnahmt, enteignet und der Rüstungsindustrie zugeführt. Damit war der größte Teil des Registers Prinzipal 8′, der führenden Hauptstimme der Orgel liquidiert worden. Dieser brutale Eingriff in die Substanz der Kreutzbach-Orgel konnte erst 1925 im Zusammenhang mit nötig gewordenen Umbauten und umfangreichen Reparaturen – einschließlich der Elektrifizierung des Gebläses – durch die Dresdner Orgelbaufirma Gebr. Jehmlich wieder behoben werden.

Sie ersetzte auch das empfindliche Zungenregister Oboe 8′ im II. Manual durch die robustere neue Stimme Vox coeleste 8′. Die Register des II. Manuals wurden in einen Schwellkasten eingebaut und die Orgel notwendigerweise nach der linken Seite erweitert. Durch eine Umbauzurücksetzung konnte auch der Chorraum auf der Empore vergrößert werden.


Die Firma Jehmlich betreute die Markranstädter Orgel noch bis in die 1940er Jahre hinein mehr oder weniger sporadisch.


Im Jahr 1956 hatte der Orgelbaumeister Lahmann einen Kostenvoranschlag für seiner Meinung nach notwendige Arbeiten an der Orgel vorgelegt. Nach Beendigung der technischen Überholung 1958 ließ sich der Orgelbauer Lahmann für Umdisponierungsarbeiten einen speziellen Auftrag erteilen und legte einen Voranschlag für die „klangliche Verbesserung“ der Orgel vor. Er sah die Ersetzung eines 16′-Registers und dreier 8′-Register durch wesentlich kleinere 1′-, 2′- und 4′-Register (z. B. Terz 1 3/5′ und Larigot 1 1/3′) sowie die Ersetzung der 2-3fachen Harmonia durch eine Zimbel vor. Die Änderungen betrafen ca. 20 Prozent der vorhandenen Register, waren einschneidend, konnten aber glücklicherweise den klassisch-romantischen Typus des Instruments insgesamt noch nicht ernsthaft gefährden. Diese in den Jahren 1958 bis 1963 durchgeführten Arbeiten kosteten immerhin 6.300 Mark, von denen die Kirchgemeinde 4.800 und das Landeskirchenamt 1.500 Mark zahlten.


Anfang 1979 wandte sich der damalige Pfarrer A. Voigt an den kirchlichen Orgelpfleger A. Rietzsch in Rödlitz/Sachsen mit der Bitte um Übernahme der Orgelpflege und Schadensbehebung an dem nun über 90 Jahre alten Instrument. Dies führte nun endlich dazu, dass große Bemühungen unternommen wurden, dass Klangbild der Orgel wieder stärker dem Original anzunähern. Ein Magazinbalg wurde an das Gebläse angeschlossen, der Winddruck erhöht und der Quintchor der Rauschquinte wieder spielbar gemacht, eine bessere Präzision der Traktur des II. Manuals und eine bessere Ansprache des Prinzipalbasses erreicht, sowie die Repetitionsfähigkeit des II. Manuals verbessert.

der Spieltisch

Zuleitungen (Bleiröhren) für die Tonsteuerung

Detail des Prospekts

das Pedal

Nach der Wende wurden zur Erhaltung der Funktionstüchtigkeit der Orgel notwendige Maßnahmen und Reparaturen (insbesondere 1996, Ende 2000 und Mitte 2003) u. a. von der Orgelbaufirma G. Ch. Bochmann aus Kohren-Sahlis durchgeführt.


Das herrliche Kreutzbach-Instrument, dem stimme ich voll zu, sei teilweise veränderungsbedürftig aber auch erneuerungswürdig – so ein Fazit.
Und auch für die gegenwärtig über 13.000 Einwohner zählende Stadt Markranstädt ist der Umgang mit einem ihrer mit großen Anstrengungen und finanziellen Opfern der Bürger geschaffenen Kulturgut nicht gleichgültig.

Der inzwischen eingeschlagene Weg der Wiederannäherung an die 1958 noch vorhandene organische Disposition unserer Kreutzbach-Orgel sollte schließlich fortgesetzt werden. Um wieder eine homogene Disposition zu erhalten, müssen die Register Blockflöte 2′, Terz 1 3/5′, Larigot 1 1/3′ und Zimbel 1′ wieder verändert werden, wobei im Ergebnis in jedes Manual je eine 8′-Stimme zurückkehren sollte und zugleich auch das eingetretene Zungenstimmendefizit behoben werden muss.

Für dieses Ziel setzte ich mich nicht zuletzt als Kantor der St. Laurentiuskirche ein, auch die jährliche Durchführung unseres Markranstädter Musiksommers sollte Motor auf diesem Weg sein.

Aber nicht nur die o. g. Arbeiten, auch die Erhaltung der Spielbarkeit unserer Orgel kostete jährlich eine nicht unerhebliche Summe. Allen, die uns bisher mit ihrer Spende unterstützt haben, sei an dieser Stelle herzlich gedankt.

Die Restaurierung

Nun war es durch die fortschreitenden Arbeiten an der St. Laurentiuskirche so weit – der Ausbau der Orgel zu deren Restaurierung stand kurz bevor. Nach einem letzten Konzert am 14. Januar 2006 waren für die Zeit der Innensanierung der Kirche, die den Aus- und Wiedereinbau der Orgel notwendig macht und somit eine kostengünstigere Gesamtrestaurierung ermöglicht, lange Monate ohne die große Orgel angebrochen – Monate, in denen die Technik des Instrumentes überholt wurde und die Pfeifen u. a. eine Reinigung erfuhren.

Für diese Arbeiten und das Projekt der Rückführung in oben genanntem Sinne benötigten wir Ihr Interesse und Ihre materielle Unterstützung. Über die Konzertbesuche hinaus haben Sie uns mit Ihren Spenden und viele auch durch ihre eigene Mitarbeit unterstützt. Ebenso dank der beteiligten Institutionen und Sponsoren, der öffentlichen Hand sowie des Fördervereins konnten die benötigten finanziellen Mittel aufgebracht werden.
Dennoch blieb ein Restbetrag, für dessen Tilgung wir weiter auf Ihre Mithilfe angewiesen waren. Im Laufe der Restaurierung sind weitere Schäden an Windladen, Pfeifenwerk und Orgelgehäuse festgestellt worden, die, zusammen mit der brandschutztechnisch notwendigen Erneuerung der Elektrik und des Motors für die Windversorgung, die Kosten steigen ließen.

Unter fortdauernder Mitwirkung des Fördervereins zur Erhaltung der St. Laurentiuskirche und Ihren geschätzten Spenden bei Besuchen unserer Kirche oder nach den Konzerten ist es gelungen, das mit so viel Mühe und Liebe betriebene Orgel-Projekt zu einem glücklichen Ende zu führen.

Zu ihrem 125. Geburtstag, am 31.12.2011, ist die Kreutzbach-Orgel nun wieder schuldenfrei. Dennoch freuen wir uns über jede weitere Spende, schließlich ist eine Pfeifenorgel ein „lebender Organismus“, für dessen Unterhalt immer wieder einmal Kosten entstehen.

Vielen Dank dafür!

Ihr Frank Lehmann
Kantor an St. Laurentius

Wiederweihe 2007

Hier nun Informationen und Bilder über unsere Orgel, wie wir sie seit ihrer Wiederweihe am 10. Juni 2007 zur Nutzung im Gemeindedienst und für Konzerte wieder zur Verfügung haben.

Fotos nach der Innensanierung der Kirche und Restaurierung der Orgel

Blick in Pfeifen des Hauptwerks; Das wieder neu eingebaute Register Hohlflöte 8' ist gut an der hellen Holzfarbe zu erkennen.

Blick auf Pfeifen des jeweils in der Mitte sowie rechts und links hinter dem Prospekt eingebauten neuen Registers Trompete 8' mit ihren charakteristischen Klangbechern

links ein Blick auf die größten Pfeifen des neuen Registers Trompete 8', rechts davon Pfeifen des Principal-Registers im Prospekt

Blick auf die größten Pfeifen des neuen Registers Trompete 8', rechts davon Pfeifen des Principal-Registers im Prospekt

Die neuen Porzellan-Registerschildchen jeweils zur linken und rechten Seite der Manuale

Disposition nach der Restaurierung und Erweiterung:

Pedal - c-d'
(mechanisch)
  • Violon 16'
  • Subbass 16'
  • Posaune 16'
  • Principal 8'

Spielhilfen
Pedalkoppel vom I. Manual;
Manualkoppel II-I;
Schweller;Kollektivzüge:
* mit Rohrflöte 8' gespielt / ** mit Gedeckt 8' gespielt

Angaben im Fettdruck entsprechen den auf die ursprüngliche Disposition zurückgeführten Registern. Das fettkursiv geschriebene Register Trompete 8' ist als zusätzliches Register auf neuen Windladen hinter den Prospektpfeifen eingebaut worden.

Weitere Fotos der Orgel